Heimat- und Geschichtsverein Schloßborn e.V.

In den meisten Dörfern des Mittelalters begnügte man sich mit Zäunen, Gräben oder dichtem Heckenwerk, um Hof und Vieh zu schützen. Nicht so in Schloßborn. Unser Ort blickt auf eine historische Besonderheit zurück, die in der Region ihresgleichen sucht: Eine massive, steinerne Ringmauer mit sieben Türmen, die dem kleinen Dorf den Charakter einer uneinnehmbaren Stadt verlieh.

Wer heute durch Schloßborn spaziert, ahnt oft nicht, welch gewaltiges Bauwerk sich einst hier erhob. Die Geschichte dieser Anlage beginnt im späten Mittelalter. Im Jahr 1442 kauften die Grafen von Eppstein Anteile am „Vogteigericht zu Born“ von den Rittern von Cronberg. Mit diesem Besitz, der 138 Morgen Acker, Wiesen und Wälder umfasste, ging ein ambitionierter Plan einher: Die Ansiedlung sollte befestigt werden.

Ein Bauwerk der Superlative

Was die Männer aus dem Umkreis damals errichteten, war für ein Dorf gigantisch. Das Mauerwerk hatte ein Volumen von knapp 11.000 Kubikmetern – jeder einzelne Naturstein wurde von den Bewohnern herbeigeschafft. Die fertige Ringmauer war beeindruckende 700 Meter lang, 1,80 Meter dick und ragte 7 Meter in die Höhe.

Verstärkt wurde dieser Schutzring durch sieben Wehrtürme, die um fast 10 Meter über die 7m hohe Ringmauer hinausragten, da sie etwa 16,5 m hoch gewesen sein sollen. Architektonisch waren diese Türme raffiniert angelegt: Die Ringmauer lief etwa mittig auf den Turm zu. D.h. bei einem Turmdurchmesser von 7 m und einer Dicke der Ringmauer von etwa 1,8 m, ragte der Turm innen und außen etwa 2,6 m über. Durch Schießscharten konnte so der äußere Bereich vor der Mauer gut verteidigt werden. Ein tiefer Graben und dichte Hainbuchenhecken bildeten einen zusätzlichen äußeren Schutzwall.

Leben hinter den Mauern

Innerhalb dieses steinernen Gürtels befanden sich neben den Burggebäuden und Zehntscheunen etwa 40 bis 50 Wohnhäuser. Für die Dorfbevölkerung gab es nur einen offiziellen Zugang: „Die Pforte“ im Süden (heute unterhalb des Heimatmuseums an der Langstraße). Die Herrschaft hingegen nutzte das „Untertor“, einen diskreten Durchlass, um die Burg unbemerkt zu verlassen. Ein weiterer Ausgang befand sich etwa mittig der heutigen Grabenstraße. Er war wohl auch nicht für die einfache Dorfbevölkerung gedacht, stand wahrscheinlich einer Garnison zur Verfügung, deren Grundmauern einer Unterkunft dort in der Nähe gefunden wurden.

Der Schutz hatte jedoch seinen Preis. Zwar lebten die Bauern hinter der Mauer sicherer vor den Plünderungen fremder Landesherren, doch ihre Armut blieb groß, bedingt durch hohe Abgaben an die Ritterschaft. Die Mauer diente also nicht nur dem Schutz der Menschen, sondern sicherte auch die Einnahmen der Landesherren.

Vom Marktrecht zum Steinbruch

Schloßborn hatte das Potenzial zu mehr. 1568 verlieh Kaiser Maximilian II. nicht nur das Marktrecht, wichtiger war: Er machte Schloßborn zum "Flecken" und damit zum Mittelzentrum für alle umliegenden Dörfer. Unser Schultheiß wurde von nun an "Oberschultheiß" genannt und stand allen umliegenden Schultheißen vor. Doch die Entwicklung zur Stadt blieb aus. Mit den Jahrhunderten verlor die Wehranlage ihre militärische Bedeutung. Was einst Schutz bot, wurde zum Baumaterial.

Schloßborn wurde im 30-jährigen Krieg, zum gleichen Zeitpunkt wie das benachbarte Königstein, an Weihnachten 1631 von schwedisch-hessischen Truppen geschliffen. Türme und Ringmauer wurden wohl größtenteils zerstört. Die damals schon fast 600 Jahre alte Bardo-Kirche wahrscheinlich stark beschädigt, aber sie wurde erst 82 Jahre später (1713) durch einen Neubau ersetzt. Anführer der protestantischen Truppen war König Gustav II. Adolf von Schweden, der sich damals persönlich in Königstein von der Besetzung überzeugte. Unsere Ringmauer blieb aber soweit erhalten, dass sie trotzdem noch geschlossen werden konnte, was der "Kirchenstreit" mit dem erst nach dem 30-jährigen Krieg entstandenen Dorf Glashütten bezeugt. Dessen Einwohnern wurde die Nutzung unserer Kirche verweigert, nachdem diese sich weigerten, beim Neubau der Schloßborner Kirche in 1713 mitzuhelfen. Also schloss man ein, wohl erst nach dem 30-jährigen Krieg entstandenes, Durchgangstor in Richtung Glashütten ab und verweigerte den Zugang zu Dorf und Kirche.

Im 19. Jahrhundert begannen der Verfall und der Abriss. Turm Nr. 7 an der Südwestecke stürzte ein, andere wurden abgetragen. Johann Paul etwa nutzte 1909 die Steine des Ringmauerfundaments, um sein Haus (heute Hirtenstraße) zu bauen. Auch der Preußische Staat ließ 1891 den Turm im Pfarrgarten (Turm Nr. 2) um zwei Meter kürzen, da herabfallende Steine eine Gefahr darstellten – dabei war dieser Turm bei patriotischen Feiern noch oft stolz mit der Nassauer Flagge geschmückt worden.

Was uns heute bleibt

Obwohl vieles verschwunden ist, liegt die Geschichte noch unter uns: Die Fundamente der Ringmauer und der Türme befinden sich zum größten Teil noch immer im Boden.

Sichtbare Zeugen der Vergangenheit gibt es dennoch. Besonders stolz sind wir auf den Turm Nr. 2 (nahe der Pforte). Er steht in Teilen noch heute und wurde 2015 durch den Heimat- und Geschichtsverein Schloßborn e. V. unter der Leitung von Joachim Frankenbach aufwendig restauriert und bedacht. Seit 2015 ist der Heimat- und Geschichtsverein Schloßborn Pächter des Turms und somit auch für dessen Erhaltung oder Nutzung zuständig. Auch in der Nähe der Kirche erinnert ein alter Turmstumpf an die Zeit, als Schloßborn eine Festung war.

Diese Überreste mahnen uns, das besondere Erbe unseres Ortes zu bewahren – ein Dorf, das sich einst mit Mauern und Türmen so wehrhaft zeigte wie eine Stadt. "

Turm Ansicht von obenAnsicht des restaurierten Turms von oben kommend,
links der Treppenaufgang

Turm mit Ringmauer von untenAnsicht der Ringmauerreste und des Turmes von unten kommend